Wer auf Twitch nicht zu den Content Creatoren mit großer Reichweite und vielen Zuschauern zählt, hat es nicht einfach den Lebenstraum als Vollzeit-Streamer zu verwirklichen. Die finanzielle Belastung und die schwankenden Zuschauerzahlen sind zudem eine hohe, psychische Belastung. Mit diesem Artikel wollen wir probieren zu ermitteln, welchen monatlichen Umsatz man benötigt, damit man sorgenfrei seinen Traum als Content Creator leben kann.
Vollzeit-Streamer: Vorwort
Schon lange verfolgen wir als Onlinemagazin die Streamingszene und die Entwicklung allerdings auch Schicksale einzelner Streamer. Für viele erfüllt sich ein Lebenstraum, wenn die Zuschauerzahlen in den dreistelligen Bereich wachsen, man die Twitch Partnerschaft erhält und die Einnahmen wachsen. Seinen Tagesablauf selbst bestimmen und von keinem Arbeitgeber mehr abhängig zu sein, wächst wöchentlich in der eigenen Zukunftsvorstellung.
Die Zuschauer feiern ihre liebsten Content Creatoren und sind das Fundament einer eventuellen Selbstständigkeit. Subs (Abonnements), Donations und Bits sind als Affiliate und später als Partner die ersten, regelmäßigen Einnahmen. Allerdings auch allein die Zuschauerzahlen können entscheidend dafür sein, ob man in Zukunft lukrative Placements und Sponsorendeals erhält oder sogar von einer größeren Influencer Agentur aufgenommen wird.
Man erlebt den Content Creator vor der Kamera oft fröhlich und unterhaltsam, da dies natürlich die Voraussetzung dafür ist, dass Zuschauer gerne immer wiederkehrend zuschauen. Oftmals sieht es aber Offstream ganz anders aus, denn die monatlichen Lebensunterhaltskosten und schwankende Zahlen kicken die Psyche. Hinzukommt, dass Twitch mit Statistiken und Belohnungssystemen die Streamer zusätzlich unter Leistungsdruck setzen, teilweise trauen diese sich nicht einmal 2-3 Wochen Urlaub zu machen oder streamen, obwohl sie krank sind.
Mit diesem Artikel möchten wir eine monatliche Umsatzsumme ermitteln, die man als Content Creator verdienen sollte, damit man seinen Lebenstraum möglichst sorgenfrei leben kann. Hierbei ist es aber wichtig zu erwähnen, dass diese Summe bei jeder einzelnen Person schwanken kann, je nachdem wie dessen Lebensunterhaltskosten aussehen. Ebenso möchten wir erwähnen, wer tatsächlich mit dem Gedanken der Vollzeitselbstständigkeit in diesem Gewerbe liebäugelt, sollte unbedingt sich die Umsatzrechnung von einem Steuerberater nochmals genau vorrechnen lassen.
Private, monatliche Ausgaben
Der wichtigste Punkt zu deiner persönlichen Umsatzermittlung sind die monatlichen, privaten Ausgaben. Diese werden nahezu bei jeder einzelnen Personen stark variieren. Manche leben noch bei den Eltern und zahlen keine Miete oder sind Teil einer WG bzw. teilen sich die Miete mit dem Partner.
Bevor man also vor der Entscheidung steht, dass man Vollzeit-Streamer werden möchte, sollte man schon sorgfältig und genau die letzten, monatlichen Ausgaben prüfen und zusammenfassen. Hierbei ruhig großzügig rechnen, da man sich in der Selbstständigkeit nicht einschränken sollte, sondern sich dennoch auch mal Dinge leisten kann, die einem gut tun.
Monatliche Kosten sind zum Beispiel:
- Miete, Haushaltsgeld, Eigentum-Kredit
- Autokosten bestehend aus evtl. Finanzierung, Leasing, Steuer, Versicherung, Reparaturkosten, Benzin
- Wer kein Auto fährt, hat vermutlich eine Monatskarte für Bus- und Bahn
- Lebensmittel
- Versicherungen, Bausparmodelle
- Haustiere (Futter, Tierarzt, Steuer)
- Kinder (Unterhalt, KiTa, Kleidung und Schulsachen, Taschengeld usw)
- Monatlicher Sparbetrag für einen jährlichen Erholungsurlaub
- Hobbies (Fitnesstudio, Sport usw)
- GEZ
- Medikamente
- Freizeit (Party, Disco, Kino, Essen/Trinken gehen usw)
Private Ausgaben | 1.300,00 € |
Allein mit rund 700 Euro Miete für eine kleine, finanzierbare Wohnung und dies nicht gerade im Stadtzentrum von Berlin, gehen wir in unserem Beispiel von monatlichen Ausgaben in Höhe von 1.300 € aus.
Krankenversicherung & Altersvorsorge
Ein Punkt, den viele junge Selbstständige anfangs wenig beachten, ist die Altersvorsorge. Jeder wird sich im Rentenalter mal sehr ärgern, wenn man seinen letzten, großen Lebensabschnitt mit geringen Finanzmitteln bestreiten muss.
Eine gesetzliche Krankenversicherung incl. Pflegeversicherung ist ebenso wichtig, viele wechseln auch zu einer privaten Krankenkasse.
Krankenkasse | 850,00 € |
Altersvorsorge | 250,00 € |
Diese zahlen können natürlich auch stark variieren und es fällt schwer, hierfür ein Beispielbetrag anzusetzen. Die Beiträge der Krankenkasse sind vom Alter abhängig, ebenso ob man weiterhin in die gesetzliche oder private Krankenkasse einzahlt. Die Altersvorsorge hängt ebenso vom Alter ab, wieviele Jahre man noch in eine Kasse einzahlen kann und welchen Rentenbetrag man erzielen möchte.
Betriebliche Ausgaben
Nun ist es zusätzlich wichtig, alle betrieblichen Ausgaben zu ermitteln, die man für die Ausführung seiner Tätigkeit als Content Creator aufwenden muss. Diese können sein:
- Monatlicher Sparbetrag für neue Hardware (evtl. neuer PC nach 2-3 Jahren, neue Tastatur oder Maus etc.)
- Abomodelle für Programme zur Bildbearbeitung etc., Softwarekosten, Games
- Büromaterial (Druckerkosten, Papier, Briefmarken)
- Telefon- und Internetkosten bzw. Handykosten
- Reisekosten (Gamescom etc)
- Gebühren etc.
Betriebliche Ausgaben | 200,00 € |
Vollzeit-Streamer: Kalkuliere einen monatlichen Gewinn
Oftmals wird man im Leben durch unvorhersehbare Kosten überrascht. Entweder stehen mal außergewöhnliche Reparaturen in der Wohnung an oder man braucht vielleicht ein neues Auto. Es ist daher ratsam bei der Umsatzkalkulation auch zumindest einen kleinen Gewinn zu planen, damit man eine gewisse Absicherung hat.
Monatlicher Gewinn | 100,00 € |
Zusammenfassung private Ausgaben
In den o.g. Punkten haben wir nun mal die privaten als auch geschäftlichen Ausgaben grob geschätzt, die je nach Person stark variieren können. Was wir bislang noch nicht berücksichtigt haben, ist die Einkommenssteuer, welche wir allerdings in Abhängigkeit des Jahresumsatzes bemessen können.
Private Ausgaben | 1.300,00 € |
Krankenkasse | 850,00 € |
Altersvorsorge | 250,00 € |
Monatlicher Gewinn | 100,00 € |
Monatlicher Gesamtbedarf | 2.500,00 € |
Betriebliche Ausgaben | 200,00 € |
Berechnung des notwendigen Umsatzes
Die betrieblichen Ausgaben können direkt vom Umsatz abgezogen werden, bzw. manche Ausgaben können abgesetzt werden. Dies sind aber Themen, die man unbedingt im Detail mit einem Steuerberater besprechen sollte. Jedenfalls kalkulieren wir in unserem Beispiel mit jährlichen Betriebskosten von 2.400,00 €.
Die privaten Ausgaben pro Jahr belaufen sich nach unseren obigen Summen auf insgesamt 30.000,00 €
Mit dem Grundsteuer Onlinetool kann man sich anhand des Nettoeinkommens den notwendigen Umsatz errechnen lassen und bekommt damit auch heraus, wieviel Einkommenssteuer man im Jahr zu begleichen hat. Hierbei kann auch berücksichtigt werden, ob man Kirchensteuer bezahlt oder nicht.
Für ein Netto-Einkommen von 30.000,00 € sind demnach ein Umsatz von 37.609,00 € notwendig, für den jährlich 7.608,60 € Steuern mit Kirchensteuer und 7.045,00 € ohne Kirchensteuer anfallen. Nehmen wir die Kirchensteuer heraus, so sollte man monatlich einen Betrag von 587,08 € für die Steuer zurücklegen.
Die betrieblichen Ausgaben rechnen wir für unser Beispiel auf den notwendigen Jahresumsatz drauf, so dass wir auf einen zirka Wert von 40.000,00 € kommen. Dies bedeutet also einen mindestens, monatlichen Umsatz von 3.333,33 €.
Monatlicher Umsatz | 3.333,33 € |
Monatliche Steuerrücklage | 652,33 € |
Privater Bedarf | 2.500,00 € |
Betriebliche Ausgaben | 200,00 € |
Vollzeit-Streamer Fazit
Um monatlich garantierte 3.333,00 Euro Umsatz zu erwirtschaften benötigt es enorm viele Subs, Donations oder feste Sponsoreneinnahmen. Hierbei sprechen wir natürlich von der Summe, die nach Abzug der Twitchgebühren am Ende noch übrig bleibt.
Anhand dieser Beispielrechnung möchten wir Content Creatoren zum Nachdenken bewegen, sich nicht voreilig in ihre Traumwelt zu stürzen. Es ist durchaus ratsam ein zusätzliches Standbein zu besitzen oder vielleicht noch einen Teilzeitjob um ein gewisses, sicheres Grundeinkommen zu erhalten.
WICHTIG! Der Schritt zum Vollzeit-Streamer sollte sehr genau überlegt sein und vorab mit einem Steuerberater besprochen und geplant werden.
Solltest du Einwände oder Anmerkungen zu unserer Berechnung haben, schreibe es bitte in die Kommentare. Wir möchten gerne diesen Artikel noch optimieren, damit dies mögliche Vollzeit-Streamer vor einem überstürzten Schritt in eine finanzielle Schieflage bewahrt. Vorab vielen Dank für Deine Verbesserungsvorschläge!
Bildquelle: Pexels
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850 Euro für die Krankenversicherung finde ich aber happig gerechnet. Auch Miete wird sehr variieren, kann durchaus weniger sein, gerade ländlicher. Bei Krankenversicherung gilt zudem ein Prozentsatz, der Mindestbetrag liegt bei knapp über 200 Euro – private Versicherungen sind am Anfang oft billiger, dafür werden sie im Alter teurer.
Ich denke, 1.500 bis 2.000 Euro Einnahmen sollten durchaus ausreichen, 3.000 muss man nicht unbedingt verdienen. Aber am Ende ist das auch viel eine Frage der Standards und, auch viel, des Wohnortes.
Daher steht ja auch im Artikel, dass der Umsatz ganz davon abhängig ist, wieviel man als private Ausgaben im Monat hat. Einer hat 1.000 Euro Miete, der nächste wohnt vielleicht in einer WG und zahlt nur 250 Euro
Genauso ist es mit der privaten Krankenkasse incl. Pflegeversicherung. Hatte gestern mit einem Twitch Partner Kontakt wegen dem Artikel, der inzwischen seit 4 Jahren Vollzeit-Streamer ist. Er meinte, dass er monatlich über 900 Euro für die Krankenkasse zahlen muss. Allerdings hat dieser auch keine Altersvorsorge, was ich noch kritischer finde. Daher lieber etwas mehr Umsatz kalkulieren und am Ende nicht auf irgendeinen Part verzichten zu müssen.